Die Hängeseilbrücke bricht alle erwarteten Besucherrekorde. Mit der Geierlay kamen sogar Fremdsprachen in den einsamen Winkel im Hunsrück. 

Hängebrücke Geierlay
Die Hängeseilbrücke Geierlay – (Foto: Peter Mendgen, www.moselbild.de)

Am Brückenkopf steht eine Menschenansammlung herum. Einige fachsimpeln, andere verkünden, dass sie keinesfalls einen Fuß auf die Holzplanken setzen werden. So mancher geht zwar tapfer los, um nach wenigen Metern dann doch umzukehren.

Denn es wackelt unter den Füßen. Mächtig! Ganz unten, in 100 Metern Tiefe, fließt irgendwo ein Bach. 360 Meter lang ist der Weg über den Abgrund zwischen Mörsdorf und Sosberg am anderen Ende der Stahl-Holz-Konstruktion. Nach dem Vorbild nepalesischer Hängeseilbrücken schwingt sich die Geierlay über ein bewaldetes Seitental der Mosel von einem Brückenkopf zum anderen.

In einer Rekordzeit von nur sechs Monaten haben Schweizer Spezialisten die Hängeseilbrücke ab März 2015 errichtet. Dabei war der Vorschlag, eine solche Brücke zu bauen, zunächst sogar als unrealisierbar verworfen worden. Doch drei Bürgern der Gemeinde, darunter der spätere Ortsbürgermeister Marcus Kirchhoff, ging die Hängebrücke nicht aus dem Kopf. Denn sie wollten Touristen nach Mörsdorf holen.

Eine Hängebrücke als Touristenmagnet

Tatsächlich wussten bislang nur die wenigsten, dass es diesen entlegenen Winkel im Hunsrück überhaupt gibt: Gerade mal 620 Einwohner, eine Zwergschule, kein Aldi. Wer mit dem Auto ins Örtchen hinein fährt und am anderen Ende wieder hinaus, muss zwischendurch nicht einmal bremsen. Keine 20 Kilometer von Cochem entfernt, herrscht hier nur Ruhe und Frieden.

Also griffen die Männer ihre Idee einige Jahre später nochmals auf und trieben die Entwicklung nun doch erfolgreich voran. Rund 1,2 Millionen Euro hat die Geierlay laut Betreiber gekostet. Besucher hingegen bekommen die Packung Adrenalin gratis. Und eine fantastische Aussicht übers Baumwipfel-Meer.

Eine Karawane läuft zur Hängeseilbrücke
Eine Karawane läuft zur Hängeseilbrücke

Erste Anlaufstelle ist das Besucherzentrum im Dorf. Ab hier folgt die Karawane zu Fuß dem Hinweisschild „Hängeseilbrücke Geierlay”. Der Weg führt etwa anderthalb Kilometer durch Dorfs, übers Feld, zum Schluss durch einen kleinen Wald.
Genau dann, wenn man glaubt, dass nichts mehr kommt, steht sie plötzlich da.

Ein Bauwerk wie im Himalaya

Menschen drängeln dicht hintereinander auf die gewaltige Hängeseilbrücke. Besorgte Besucher spekulieren, ob das Bauwerk solche Massen überhaupt packt. Keine Panik! Die Geierlay trägt 50 Tonnen Gewicht, wird auf der Homepage erklärt. Das entspricht etwa 600 Personen mit einem Durchschnittsgewicht von 80 Kilo. „So viele Menschen, wie die Brücke tragen würde, passen gleichzeitig sowieso gar nicht drauf“, beruhigt Marcus Kirchhoff.

Die Fundamente der beiden Brückenköpfe stecken zudem 25 Meter tief im Felsen. Die Konstruktion wurde mit Sicherungen versehen, sodass sie nicht stark schwanken kann. Sogar Windstärken bis zu 200 Stundenkilometern verkraftet die Brücke. Allerdings möchte wohl niemand bei solchen Stürmen auf einer Hängeseilbrücke stehen.

Um dieses Meisterwerk der Ingenieurskunst live und in Farbe zu sehen, fallen Wagemutige nun aus ganz Deutschland, Holland und England in die Hunsrück-Gemeinde ein. Journalisten fuchteln mit Kameras und Mikrofonen herum. Und der Ortsbürgermeister ist plötzlich ein gefragter Interview-Partner.

Hängeseilbrücke, Hunsrück
Die Hängebrücke verbindet Mörsdorf mit Sosdorf.

Dabei hatten Kritiker des Projekts damals bezweifelt, dass überhaupt jemand kommen würde. Doch dann fehlte es plötzlich an allem: An Parkplätzen, an Mülltonnen, an Klopapier. Denn die wohl schönste Hängeseilbrücke Deutschlands sprengt alle erwarteten Besucher-Rekorde! Immerhin mehr als 700.000 Besucher hat eine Kamera bislang gezählt.

Trubel auf und um die Hängebrücke herum

Bei einer Umfrage der Deutschen Zentrale für Tourismus kam im vergangenen Jahr heraus: die Hängebrücke Geierley steht auf Platz 85 der 100 beliebtesten Reiseziele im Land – noch vor Sylt und dem Hofbräuhaus in München.

Inzwischen wurde ein Parkleitsystem aufgebaut und mehr Platz für die vielen Autos geschaffen. Das Toilettenpapier schlägt pro Monat mit rund 200 Euro zu Buche, hat Marcus Kirchhoff gezählt. Im einst verwaisten Heimatmuseum ist ein gut frequentiertes Café entstanden, ein zweites in der Bäckerei. Wurstbuden am Straßenrad und Gasthäuser machen gute Geschäfte. Und auch die Gastronomie im Besucherzentrum brummt. Aus dem verschlafenen Mörsdorf ist eine internationale Berühmtheit geworden.

Meine Empfehlung: Die Brücke ist rund um die Uhr zugänglich. Wenn die Möglichkeit besteht, empfehle ich einen Tag unter der Woche, denn der Ansturm am Wochenende ist immer noch ordentlich. Hunde dürfen mit auf die Brücke. Wenn sie sich überhaupt trauen.

Die meisten steuern Mörsdorf an, um von dort zur Hängeseilbrücke zu laufen. Deshalb geht es in Sosberg, dem gegenüberliegenden Brückenort, gemächlicher zu. Noch. Im ortsansässigen Imbiss gibt es nämlich „Hängewurst“ aus Hunsrücker Wildschwein. Wenn sich das herumgesprochen hat, wird es auch dort mit der Ruhe vorbei sein.

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