Venedig – Sehnsuchtsziel für Romantiker, Verliebte und unzählige Touristen aus aller Welt. Entdeckungen per individueller Stadtführung auf der Insel Giudecca.

Zu einem persönlichen Jubiläum wollten wir etwas Besonderes unternehmen und endlich Venedig kennenlernen. Doch damit nicht genug, den Besuch in der Zauberstadt krönen sollte eine persönliche individuelle Stadtführung. Das hat zwar seinen Preis, war aber die beste Idee, die ich haben konnte. Venedig hat so viel mehr zu bieten, was Euch zumeist nur ein Insider zeigen kann. Mein herzlicher Dank für unvergessliche Stunden in La Serenissima gilt an dieser Stelle unserer persönlichen Stadtführerin Benigna von Führung Tour Venedig auf Deutsch.

Flucht von Venedig nach Giudecca

Ohne konkret geplantes Programm lassen wir uns überraschen. Lediglich Massentourismus wollte ich meiden, sondern lieber Kultur und Kunst entdecken. Wir trafen uns im Hochsommer in der Mittagshitze bei weit über 30 Grad in unserem Hotel in San Marco, und nun sollte die Flucht vor den strömenden Massen beginnen. Per Vaporetto erreicht man in 10 Minuten eine andere Welt – Ruhe vor den Touristen und die Schönheit eines unvergleichlichen Panoramas mit La Salute, Markusplatz und Dogenpalast bieten sich von Giudecca aus, der großen Insel direkt gegenüber von San Marco.

Venedig von Giudecca aus gesehen
Venedig von Giudecca aus gesehen

Bekannteste Sehenswürdigkeit auf Giudecca ist sicher die Erlöserkirche Il Redentore – ein Bauwerk des berühmten Architekten Palladio. Ähnlich wie die spätere Santa Maria delle Salute wurde sie als Dank bzw. Gelübde nach der in Venedig überstandenen Pest-Epidemie erbaut. Erstmals wütete die Pest 1348 in Venedig. Später brachte man Kranke in Quarantäne auf die Pestinsel Lazzaretto Nuovo. Mehr als zwei Jahrhunderte hatte die Pest Venedig im Griff. Übrigens auch der berühmte Maler Tizian erlag 1576 der Seuche. 1577 verkündete man die Befreiung von der Pest und begann mit dem Bau von Il Redentore.

Il Redentore auf Giudecca
Il Redentore auf Giudecca

Hinter der Redentore-Kirche auf Giudecca befindet sich das Nonnenkloster Convento Santissimo Redentore mit dem angrenzenden Giardino communale – ein Refugium der Ruhe und Einkehr.

Kloster Santissimo Redentore auf Giudecca
Kloster Santissimo Redentore auf Giudecca
Im Klostergarten von Santissimo Redentore
Im Klostergarten von Santissimo Redentore

Dank unserer Stadtführerin können wir hier eintreten und uns in Ruhe umschauen. Hier befindet sich auch einer der wenigen Gärten Venedigs. Vom südlichen Ufer der Giudecca blickt man schließlich auf die nächsten kleineren Inseln und muss mit Wehmut hören, dass diese heute bereits zumeist großen Hotelketten gehören. Ist das nun Luxus oder eher Verbannung in einen goldenen Käfig vor den Kanälen Venedigs?

Blick zu den Hotel-Inseln Venedigs vor Giudecca
Blick zu den Hotel-Inseln Venedigs vor Giudecca

Junghans und Gondeln auf Giudecca

Wer noch nicht Smartwatch-abhängig ist, wird wohl den Namen Junghans als Maßstab für hochwertige Uhren kennen. Aber wohl kaum jemand weiß, was Junghans mit Giudecca in Venedig zu tun hat. Die Schwarzwälder Uhrenwerke Junghans produzierten hier seit Ende des 19. Jahrhunderts Wecker und später zeitweise auch Zünder für Bomben. Das ehemalige Industriewohnviertel war vorübergehend Brache und ist nun wieder Wohnviertel zu erschwinglichen Preisen geworden. Die teils recht kritischen Anmerkungen auf Bauwelt.de kann ich so nicht bestätigen. Gerade Giudecca entwickelt sich wieder zu einem Stadtviertel, wo auch Einheimische angenehm und bezahlbar wohnen können. Insgesamt wirkt das sehr familienorientiert und modern. Viele Leute auf Giudecca sind stolz auf ihre Insel und meinen, Venedig sei das da drüben. Giudecca ist eine Welt für sich. Irgendwie können wir das nachvollziehen.

Junghans-Bauten auf Giudecca
Junghans-Bauten auf Giudecca

Auch Sozialwohnungen gibt es hier, die bei schönem Wetter im Ambiente der Lagune durchaus attraktiv wirken. Nach dem Junghans-Wohngebiet spazieren wir durch weitere Gewerbeeinrichtungen. Wir besuchen eine Werkstatt für Bootsbau, die zugleich die größte Garage Venedigs für Boote und Gondeln beherbergt. In den engen Kanälen Venedigs ist schließlich kaum Platz, um gerade unbenutzte Gondeln zu parken. Hier werden Boote und Gondeln auf mehreren Ebenen in einer großen Halle geparkt. Billig ist das natürlich auch nicht für die Eigner. In Venedig läuft das Leben eben völlig anders ab.

Bootswerft auf Giudecca
Bootswerft auf Giudecca
Gondelgarage auf Giudecca
Gondelgarage auf Giudecca

Von Handwerk und Kunsthandwerk

Im ehemaligen Konvent der Kirche dei Santi Cosma e Damiano aus dem 15. Jahrhundert befindet sich heute das Kunstzentrum Artisti Artigiani del Chiostro.

Kunstzentrum im ehemaligen Konvent
Kunstzentrum im ehemaligen Konvent

Dort geht es zu einer Werkstatt, wo noch echte Masken für den venezianischen Karneval gefertigt werden. Leider war der Meister nicht zugegen, so dass es bei der Erklärung durch unsere Stadtführerin bleiben musste. Zuerst begegnen wir einer Pestmaske, die ursprünglich zum Schutz der Menschen vor der Seuche entstanden ist und mit Kräutern gefüllt wurde. Die bekannten Masken zum Karneval sind erst später entstanden.

Hier mal als Hinweis: echte venezianische Masken sind Handarbeit und haben natürlich ihren Preis, sind aber ab etwa 50 Euro erhältlich. Daran sollte jeder denken, der im Zentrum Venedigs Anbieter von Masken sieht. Was dort für 10 oder 20 Euro über den Ladentisch geht, ist billige Fälschung aus Asien. Angeblich echte Masken für 300 Euro könnten dort durchaus echt sein, sind aber einfach überteuert.

Pestmaske
Pestmaske
Beim heutigen Maskenmacher auf Giudecca
Beim heutigen Maskenmacher auf Giudecca

Auch die Katzen genießen übrigens die Ruhe und Venedigs Dolce vita auf Giudecca. Manche haben wohl sogar 5-Gang-Menü gebucht, wenn man nach den Fressnäpfen urteilt.

Katze möchte man sein
Katze möchte man sein
Freie Auswahl für die Katze
Freie Auswahl für die Katze

Schauen wir weiter am herrlichen Ufer von Giudecca. Kurz vor der letzten kleinen Brücke zum Hotel Hilton halten wir inne am Stoffgeschäft von Fortuny. Hier logiert einer der Traditionsnamen für exklusive Stoffe in Venedig. Dank unserer Stadtführerin können wir auch bei Mariano Fortuny reinschauen, ohne gleich bedrängt zu werden. Der einst aus Granada in Spanien stammende Künstler und Modeschöpfer gründete hier 1919 seine Seidenstoffdruckerei. Das Traditionshaus arbeitet noch heute. Wahrlich tolle Stoffe gibt es zu betrachten, die Preise steigen aber schnell in solche Höhen, das sich jede weitere Nachfrage für uns erübrigt. Wer sich jedoch exklusive Handarbeit aus Venedig leisten kann und mag, wäre hier richtig. Sehenswert ist es allemal.

Stoffe von Fortuny
Showroom für Stoffe von Fortuny

Das Nudel-Hilton

Interessant am westlichen Ende von Giudecca ist noch das gigantische Backsteingebäude, welches ehemals eine Nudelfabrik war, die 1880 im neugotischen Stil norddeutscher Backsteingotik nach Plänen von Ernst Wullekopf gebaut wurde. Bis 1955 wurden hier die Teigwaren von Mulino Stucky hergestellt. Danach verfiel das Industriedenkmal über viele Jahre. Heute beherbergt es das innen recht modern gehaltene Hilton-Hotel. Dennoch hat man versucht, die historische Bausubstanz gut einzubinden. Lohnend mag die Bar auf der Dachterrasse sein, die rundum Weitblicke bietet. Die Cocktails sind solide, haben aber auch den entsprechenden Preis für ein Hilton in dieser Lage.

Hilton-Hotel auf Giudecca
Hilton-Hotel auf Giudecca
Blick von der Rooftop-Bar des Hilton auf Giudecca
Blick von der Rooftop-Bar des Hilton auf Giudecca

Blicke nach Giudecca

Für die schönsten Ansichten von Giudecca fährt man am besten wieder mit der Vaporetto-Linie 2 zur nächsten Insel – zum Beispiel direkt quer rüber zur Station Zattere.

Zattere gegenüber Giudecca
Zattere gegenüber Giudecca

Von dort lohnt ein Spaziergang in östlicher Richtung auf der Halbinsel der Museen im Stadtteil Dorsoduro. Er führt vorbei am Peggy-Guggenheim-Museum für moderne Kunst zur dominierenden Basilica di Santa Maria delle Salute, einem eindrucksvollen Barockbau mit Kuppel und achteckigen Grundriss aus dem 17. Jahrhundert. Weiter geht es zur Spitze der Landzunge mit der venezianischen „Freiheitsstatue“ – der Fortuna. An der markanten Landspitze von Dorsoduro vor der Einfahrt in den Canal Grande weist Fortuna nicht nur den Weg für die Schiffe, sondern an dieser Stelle war früher auch eine wichtige Zollstation.

Fortuna weist den Weg
Fortuna weist den Weg

Ein weiterer Tipp für grandiose Ansichten ist ein Besuch auf der östlichen Nachbarinsel San Giorgio Maggiore. In der dortigen gleichnamigen Kirche gelangt man bequem per Fahrstuhl auf den Campanile hinauf und kann Aussichten über Giudecca und ganz Venedig genießen.

Giudecca von San Giorgio aus gesehen
Giudecca von San Giorgio aus gesehen

Von oben aus erkennt man auch gur das Luxushotel Cipriani – eine der nobelsten Adressen in Venedig und wohl das einzige Hotel dort mit eigenem Swimmingpool.

Hotel Cipriani auf Giudecca
Hotel Cipriani auf Giudecca

Cicchetti und Aperol – das Dolce Vita

Das Leben genießen lässt sich bestens auf Giudecca. Von Pizzerias und kleinen Bars am Ufer bis zu feinen Restaurants ist vieles zu finden. Dabei sind die Preise oft noch so, dass sie das Leben lebenswert machen. In den Bars genießt man den typischen Aperitif Venedigs – den Aperol Spritz, gerne auch mal mit Campari. Dazu fällt die Wahl schwer zwischen Tramezzini – in etwa den Sandwiches in Venedig – sowie den noch vielfältigeren Cicchetti – quasi den Tapas der Lagunenstadt. Uns haben es die gut mit Tonno befüllten Tramezzini angetan. Das kann man übrigens auch zuhause ganz einfach nachmachen.

Tramezzini di tonno
Tramezzini di tonno
Cicchetti und Aperol
Cicchetti und Aperol
Cicchetti - die Tapas auf venezianisch
Cicchetti – die Tapas auf venezianisch

Details und kleine Entdeckungen

Bei unserem Stadtrundgang erfuhren wir noch so einige weitere Tipps und Besonderheiten für Venedig, die ich hier nicht alle ausführlich wiedergeben kann und möchte. Etwas Überraschung soll ja noch bleiben bei der Stadtführung.

Daher nur noch ein paar kurze Hinweise, um die Neugier zu wecken. Was bedeuten eigentlich die Straßennamen mit „terre“? Und wofür sind die kleinen Holzhütten gedacht, die ab und an am Ufer der Kanäle stehen? Lasst es euch erklären, am besten bei Cicchetti und Aperol Spritz.

Rätselhafte Holzhütten am Ufer
Rätselhafte Holzhütten am Ufer

Sogar Superstar Sir Elton John hat ein kleines unscheinbares Haus in Venedig – es befindet sich ebenfalls auf Giudecca.

Unsere individuelle Stadtführung reichte übrigens noch weiter über die Museums-Halbinsel bis hin zur Rialto-Brücke – immer abseits der Massen durch die Kanäle und Gassen und mit stets neuen Anregungen und Besonderheiten.

In den Gassen Venedigs
In den Gassen Venedigs

Praktisches: Ein Plädoyer für die Stadtführung in Venedig

Wer mich etwa von meinem Ungarn-Blog kennt, wird wissen, dass ich bevorzugt individuell unterwegs bin und Touren meist selber plane. Gerne sage ich hier aber, für außergewöhnliche Ziele wie Venedig ist eine professionelle Stadtführung ein echter Gewinn. Von unseren fünf Tagen in Venedig haben wir ja dennoch vier selbst gestaltet, aber der geführte Tag bot die intensivsten Eindrücke, die wir selber wohl nie so erlebt hätten.

Daher mein Rat: gönnt euch mal eine individuelle Stadtführung. Ihr unterstützt damit nicht nur die hoch motivierten Leute, die euch die verborgenen Schönheiten ihrer Städte zeigen möchten, sondern erfahrt dabei auch Dinge, die ohne Stadtführung wohl meist verborgen bleiben.

Für Venedig ist Benigna von Führung Tour Venedig auf Deutsch die erste Adresse.

2 Kommentare

  1. Auch ich selbst war letzte Woche in Venedig und musste feststellen, dass drei Tage viel zu wenig sind. Es macht ja gerade Spaß, sich abseits der Besuchermassen zu bewegen und sich in der Betrachtung der vielen Details zu verlieren. Ich werde mit Sicherheit wiederkommen und dann auch Giudecca besuchen. Danke für die Anregung.

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