Eigentlich geht Kapelle so: Eine schwere Holztür, bunte Fenster, Glockentürmchen. Anders in der Eifel. Die Bruder-Klaus-Kapelle in Wachendorf ist das ungewöhnlichste sakrale Gebäude weit und breit.
Wer sich aufs Navi verlässt, bekommt Ärger. Denn die Wachendorfer mögen keine Großstädter, die mit Autos über ihre Feldwege juckeln. Ob nun gläubig oder nicht: Wer zur Bruder-Klaus-Kapelle will, muss gut einen Kilometer pilgern.
Zu übersehen ist sie allerdings nicht. Wie eine lehmbraune Steele wächst das Gotteshaus aus der Landschaft. Eingesegnet im Mai 2007, und privat gestiftet von der Bauernfamilie Trudel und Hermann-Josef Scheidtweiler. Aus Dankbarkeit für ein gutes Leben.
Es ist ein archaischer, geheimnisvoller Bau. Zwölf Meter hoch, ohne Fenster. Ebenso einen Glockenturm sucht man vergebens. Deshalb ist die Silhouette längst nicht für jeden als Kirche zu erkennen. Geschweige denn, dass jemand ahnt, welche Geborgenheit das spektakuläre Innere schenkt. Tatsächlich fragen Passanten immer wieder, ob das ein Hochbunker sei. Oder gar ein Getreidesilo.
Der Welt-Architekt Peter Zumthor in der Eifel
Diese außergewöhnliche Architektur trägt die Handschrift von Peter Zumthor. Sein karger Stil hat dem Schweizer nahezu alle wichtigen Auszeichnungen seines Fachs eingebracht. Während er das Kölner Diözesanmuseum Kolumba baute, hatten ihn die Scheidtweilers angeschrieben, ob er auch für sie eine Kapelle konzipieren wolle.
Und der berühmte Baumeister wollte. Nun steht sie da auf einem Acker. Zugänglich nur über eine dreieckige Tür.
Ein schmaler, düsterer Gang führt in einen sparsam ausgestatteten Andachtsraum. Etwa zehn Personen finden im Halbdunklen Platz. Es gibt nur eine Sitzbank, einen Kerzenständer und eine Büste, die an den Schweizer Nationalheiligen Nikolaus von Flüe erinnert.
Dem Mystiker und Schutzpatron des Landvolks ist diese Kapelle nämlich gewidmet. Im 15. Jahrhundert soll er rund 20 Jahre lang in einer Klause gelebt und gebetet haben.
Den Innenraum hat Peter Zumthor aus 112 Fichtenstämmen formen lassen, mit Beton umgossen und dann mit einem Köhlerfeuer getrocknet. Drei lange Wochen. Dieser Geruch, und damit die Erinnerung an das Feuer, blieb lange zurück. Dem Architekten war es wichtig, alle vier Elemente in der Kapelle zu vereinen.
Feuer, Wasser, Erde und Luft
Für den Fußboden wurde Zinn-Blei auf einer Betonplatte verteilt. Zum Schluss hat man die Bäume von oben aus der Öffnung gezogen. So ist dieses höhlenartige Zelt entstanden, das etwas Mystisches ausstrahlt. Ein Raum, gefüllt mit Atmosphäre und Gefühlen.
Nur von oben fällt das Sonnenlicht ein. Genauso wie Regen, Hagel oder Schnee. Auf dem Boden sammelt sich das Wasser. Und Hunderte von Glaskugeln funkeln in der Wand. Über Kopfhöhe wurde ein Messingrad angebracht. Es ist das Meditations-Symbol des Bruder Klaus. Dazu diese Stille.
Das Erste, was die meisten Besucher tun, ist diese Wand mit ihrer organischen Struktur zu berühren. Und dabei sie sind berührt. Ja, so sahen die Einsiedelein vor Jahrhunderten vermutlich aus. Diese einsamen Orte der Kontemplation und der Askese.
Bruder-Klaus-Kapelle wurde zur internationalen Begehrlichkeit
Die ganze Familie Scheidtweiler, der Architekt und viele freiwillige Helfer haben beim Bau der Kapelle Hand angelegt. Dass sie damit eine Touristen-Attraktion schaffen, war allerdings nicht geplant. Während anderen Kirchen die Schäfchen weglaufen, strömen Besucher zuhauf in die 500-Seelen-Gemeinde. Deshalb mussten noch Parkplätze gebaut und genervte Anwohner beruhigt werden.
Denn die Bruder-Klaus-Kapelle ist längst nicht mehr nur ein stiller Ort des Gebets. Sondern ebenso ein beliebtes Ausflugsziel, Fotomotiv und Studienobjekt. Es wird wohl kaum eine andere Feld-Kapelle geben, die sogar Architekturstudenten aus Asien in ein winziges Eifelnest lockt.
Öffnungszeiten und Anfahrt
Geöffnet ist die Kapelle im Sommer von 10 – 17 Uhr und im Winter bis 16 Uhr. Montags geschlossen.
Anreise: Autobahnabfahrt Münstereifel/Mechernich, rechts abbiegen Richtung Bad Münstereifel, dann links in Richtung Weiler a.B. (L499), in der Ortsmitte von Lessenich rechts ab in Richtung Wachendorf, nach ca. 2 km dem Hinweis „Parkplatz Bruder Klaus Kapelle“ folgen.
Adresse fürs Navi: Iversheimer Straße, 53894 Mechernich-Wachendorf
Wusste bisher gar nichts von dieser Kapelle und bin nun begeistert. Die Strukturen sind echt beeindruckend und die Fotos und der Text sehr schön.
Vielen Dank. Es ist dort „in echt“ noch viel schöner, die Stimmung ist mit Worten schwer zu beschreiben.
Ein solches Bauwerk in einem kleinen Eifeldorf und dann noch so ganz einsam auf einem Feld anzutreffen ist erhebend. Diese Einzigartige Architektur und dieses Flair im Innern dieser Kapelle ist kaum zu beschreiben. Man muss schon dort gewesen sein um dieses Gefühl einer göttlichen Macht zu erfühlen.
Ich bin fürwahr kein so gläubiger Mensch aber wenn ich diese Kapelle betrete und diese Mystik des Raumes spüre vergesse ich alles um mich herum.
Ein Dank an all jene die dieses Bauwerk möglich machten.