Ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt Annaberg-Buchholz im Erzgebirge ist zugleich ein Ausflug in das Weihnachtsland der Sachsen, wo die Originale entstehen. Von hier stammen viele der Traditionen und hier haben sie sich noch in ihrer Ursprünglichkeit erhalten. Denn Holzschnitzkunst aus dem Erzgebirge erfreut sich zu Weihnachten vielerorts großer Beliebtheit, leider oft auch in Form billiger Plagiate aus Fernost.
Weihnachtsmarkt im Herzen der Bergmannsstadt
Der Weihnachtsmarkt Annaberg-Buchholz füllt den kompletten Marktplatz, hat täglich geöffnet und für eine Kleinstadt eine beachtliche Größe. 83 liebevoll gestaltete Stände laden jetzt 2017 ein, wobei der Schwerpunkt auf erzgebirgischer Volkskunst und regionalen Spezialitäten liegt. In Front vom schlicht gehaltenen Barock-Rathaus rund um die Großpyramide und den großen Weihnachtsbaum lässt es sich gemütlich schlendern. Auch das eine oder andere Geschenk kann man entdecken. Besonders stimmungsvoll wird es in der Dämmerung.
Gefallen haben uns da unter anderem die Stände mit dem Annaberger Faltstern, das Stollenhaus, die größeren Holzfiguren sowie die zahlreichen Stände mit Pyramiden und Schwibbögen.
Kulinarisches auf dem Weihnachtsmarkt Annaberg-Buchholz
Die kulinarische Auswahl in Annaberg ist vielfältig. Neben allseits beliebten Süßigkeiten, Lebkuchen, Glühwein und Bratwurst gibt es hier auch regionale Spezialitäten, die vielleicht nicht jedermanns Sache sind. Wie wäre es mit Flecke Bergmännischer Art? Ein herzhafter Eintopf aus Kutteln, Gemüse und Kartoffeln. Da wir bereits gesättigt waren, kamen wir hier noch nicht zum Zuge. Beim nächsten Besuch in Annaberg sind dann die Flecke dran. Wärmende Suppen gibt es aber auch als nahrhafte Bergmannssuppe mit Linsen, Speck und Kartoffeln oder Feuerzangensuppe als Eintopf mit Wurst, Paprika und Zwiebeln. Das alles preislich sehr fair und kaum teurer als ein Glühwein.
Wir waren bereits bei der Spießbraterei hängengeblieben. Hirsch und Ente sollten es sein. Sowas ist sonst auf Weihnachtsmärkten wohl eher selten. Die Entenbrüste garen zuvor dicht aufeinander gestapelt auf einem senkrecht stehenden Grillspieß – quasi ein Enten-Döner. Serviert in größeren mundgerechten Stücken auf einem Bett aus hausgemachten Rotkraut. Sehr saftig und lecker. Da lohnt sich auch der etwas höhere Preis von 7 Euro.
Baumstriezel nach Art des ungarischen Kürtöskalács, Schneeballen aus Rothenburg ob der Tauber, regionale Kräuterliköre und Destillate oder auch Glühbier und heißer Caipi runden das Angebot ab. Unverzichtbar für Sachsen und besonders im Erzgebirge ist der Christstollen. Hier am Stand Stollenhaus gibt es den örtlichen Annaberger Christstollen. Und letztlich nicht zu vergessen – der weiße Glühwein vom Schloss Wackerbarth bei Dresden ist eine würzige Alternative mit Weinen der Region.
Bequemer und im Warmen sitzend geht es im Ratskeller „Zum Neinerlaa“ zu. Der Name leitet sich übrigens vom „Neunerlei“ ab, denn im Erzgebirge gehört zu Weihnachten neunerlei auf den Tisch.
Traditionelle größte Bergparade Deutschlands
Höhepunkt und krönender Abschluss des Weihnachtsmarktes in Annaberg-Buchholz ist traditionell die Bergparade am 4. Advent. Da der 4. Advent 2017 mit Heiligabend zusammenfällt, findet die Bergparade ausnahmsweise bereits am Samstag davor statt.
Über 1.000 Bergleute aus Sachsen und anderen Bergbauregionen der gesamten Bundesrepublik nehmen in traditioneller Tracht mit Fahnen ihrer Orte und Regionen teil. Viele Bergkapellen begleiteten den 13:30 Uhr beginnenden Umzug musikalisch. Die Parade verläuft am Markt vorbei bis zum Theater und von dort zurück zur St.Annen-Kirche. Vor der eindrucksvollen Fassade der Kirche sammeln sich schließlich alle Teilnehmer zum Abschlusskonzert. Bei unserem Besuch war auch ein Vertreter des Sächsischen Staatsministeriums mit einer kurzen Ansprache zugegen. Wer gute Blicke erhaschen möchte, muss sich rechtzeitig einen Platz nahe am Streckenverlauf sichern.
Weihnachtspyramiden aus dem Erzgebirge
Wahrzeichen des Weihnachtsmarktes in Annaberg-Buchholz ist die Großpyramide auf dem Marktplatz. Die heutige stammt aus dem Jahre 1992, ist 10,5 Meter hoch mit 3 Etagen und zeigt mit den aus Lindenholz geschnitzten Figuren Persönlichkeiten, die mit der Stadtgeschichte zu tun haben, wie etwa Adam Ries und die Heilige Anna sowie Reliefs mit der christlichen Weihnachtsgeschiche.
Ursprünglich gehen die Weihnachtspyramiden auf ein Lichtgestell aus dem 18. Jahrhundert zurück, das damals aus vier mit Zweigen umwundenen Stäben bestand, die oben zusammengebunden und mit Lichtern besetzt waren – den Drehbaum. In dem aus dem Spreewald stammenden Drehbaum standen die Kerzen noch direkt auf den Etagen und drehten sich mit. Die Bergleute aus dem Erzgebirge begannen, das innen zunächst leere Stabgestell mit handgearbeiteten Holzfiguren zu bestücken und entwickelten somit das Grundprinzip der Weihnachtspyramide.
Die heutigen in den Orten des Erzgebirges weit verbreiteten Großpyramiden sind erst ab 1931 allmählich entstanden. Nach der Wende 1990 setzte ein richtiger Boom ein, so dass es mittlerweile mehr als 150 sind. Eine Liste der Ortspyramiden gibt es auf Wikipedia.
Auf dem Weihnachtsmarkt finden sich mehrere Stände mit originaler Schnitzkunst. Ebenso bieten einige Fachgeschäfte vor allem zwischen Markt und Annenkirche Schnitzkunst an. Dort gibt es nicht nur die mitunter sehr teuren größeren Pyramiden, sondern auch unzählige Ersatzteile vom kleinsten Lämpchen über Figuren bis hin zu einzelnen Flügeln der Pyramiden. Wer etwa noch eine alte beschädigte Pyramide hat, findet hier alles, was zur Reparatur nötig ist.
Die Schwibbögen leuchten heim
Ein weiteres typisches Wahrzeichen im winterlichen Erzgebirge sind die Schwibbögen in den Fenstern und teils Vorgärten. Die im 18. Jahrhundert entstandenen Schwibbögen wurden bis weit ins 20. Jahrhundert hinein zumeist aus Metall gefertigt. Sie sind ursprünglich kein spezieller Weihnachtsschmuck, sondern Ausdruck der Sehnsucht der Bergleute nach Tageslicht. Bei der Arbeit im Bergwerk bekamen sie dies in den Wintermonaten oft wochenlang nicht zu Gesicht. Zudem sollten die mit Lichtern besetzten Schwibbögen den Bergleuten zu ihrer Familie heimleuchten. Heute wird der Schwibbogen häufiger aus Holz gefertigt, und die Motive sind vielfältiger geworden.
Das bekannteste traditionelle Motiv bezieht sich auf Szenen aus dem Alltag der Bergleute und ihrer Familien im Erzgebirge. Neben zwei Bergleuten in der Mitte zeigt es einen Schnitzer und eine Klöpplerin, was damals die drei Haupterwerbszweige der Region waren. Weitere Varianten verwenden christliche Motive oder Wald und Tiere. In den letzten Jahren sind zudem Darstellungen der wiederaufgebauten Frauenkirche Dresden beliebt geworden.
Sehr wohltuend in Annaberg-Buchholz und anderen Orten des Erzgebirges ist der traditionelle Fensterschmuck der Häuser. Blinkende Elche und Weihnachtsmänner sind hier Fehlanzeige. Auch sind benachbarte Fenster meistens zueinander passend gestaltet. Das strahlt Ruhe und Besinnlichkeit aus. Ein abendlicher Spaziergang durch Annaberg-Buchholz sollte auf jeden Fall dazugehören. Auch uns begleitet nun ein hölzerner Schwibbogen mit klassischem Motiv durch die dunkle Jahreszeit.
Allen eine friedvolle und gesegnete Weihnacht.
Praktisches zum Weihnachtsmarkt Annaberg-Buchholz
Termin: vom 1.12. bis 23.12.2017, Mo-Do 10-19, Fr-So 10-20
Bergparade: traditionell am 4. Advent, in diesem Jahr 2017 ausnahmsweise am Samstag davor
Anfahrt: Von Chemnitz aus geht es über die B95 Richtung Oberwiesenthal. Zum Parken empfiehlt sich der Zentralparkplatz Kätplatz.
Weitere Informationen gibt die Webseite von Annaberg-Buchholz.